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Wissenswertes über Oberdiebach

altes Oberdiebach

 

Aus der Oberdiebacher Geschichte
Text: Ursula Saueressig

Historische Funde lassen auf eine dauernde Besiedlung dieses Raumes seit etwa 3000 v. Chr. schließen. Zur Zeitwende lebte hier eine Mischbevölkerung aus keltischen Treverern und den aus Skandinavien nach Süden drängenden Germanen. Diese geriet für vier Jahrhunderte in den römischen Herrschaftsbereich. Aus der folgenden Frankenzeit gibt es kaum historische Zeugnisse.

Um 900 taucht erstmals in einer Urkunde der Name "dubahc"= Diebach auf. Am Mittelrhein hatte eine bemerkenswerte Entwicklung von Dörfern und kleinen Orten hin zu stadtähnlichen Siedlungen eingesetzt. Bacharach, Oberdiebach, Manubach und Steeg wurde der kommunale Status einer "Freiung" oder eines "Tales" erteilt. Daraus ergab sich der bis heute übliche Begriff der "Vierthäler", der also nicht geographisch zu verstehen ist. Auf diesem Hintergrund konnte sich das "stedtlin" Oberdiebach z.B. eine Wehrmauer bauen.

Die politische und wirtschaftliche Bedeutung Oberdiebachs im Mittelalter gipfelte darin, dass seine Vertreter im Rheinischen Städtebund 1254 mit den Abordnungen von Basel, Frankfurt, Köln, Bacharach usw. gleichberechtigt verhandelten. Ein weiterer geschichtlicher Höhepunkt war 1356 die Einführung einer als demokratisch zu verstehenden Ratsverfassung im Viertälergebiet. Zu dieser Maßnahme sah sich die pfalzgräfliche Herrschaft gezwungen, da sie ein Bollwerk gegen die angrenzenden Erzbistümer Köln, Trier und Mainz benötigte. Im ausgehenden Mittelalter ging der größte Teil der in kirchlicher Zuständigkeit befindlichen Weinberge und viele der Oberdiebacher Hofgüter in adeligen und dann in bürgerlichen Besitz über.

Die Neuzeit begann mit schlimmen Pestjahren. Es folgten die Reformation, der Dreißigjährige Krieg und der Pfälzische Erbfolgekrieg. Das Gebiet am Mittelrhein war verwüstet. Weitere einschneidende Änderungen brachte die Verlagerung der Verkehrs- und Handelsströme über Frankreich in die Neue Welt. Der Mittelrhein verlor an Bedeutung. Nach der französischen Epoche gehörte Oberdiebach ab 1816 zur Preußischen Rheinprovinz. In diese Zeit fällt die Entstehung der "Rhein-Romantik", ausgelöst von englischen Touristen. Künstlern der verschiedenen Bereiche gelang es mit ihren Arbeiten das Mittelrheintal wieder in das Bewusstsein der "Reisenden" zu bringnen. So ist der Fremdenverkehr neben dem Weinbau ein bedeutender Erwerbszweig geworden.

 

Oberdiebacher Feuerwein
Text: Otto Blum, Oberdiebach (verstorben) und Prof. Dr. H. R. Eschnauer , Mainz (verstorben)

In Oberdiebach war vom Mittelalter bis in die Neuzeit die Kunst der Feuerwein-Bereitung zu Hause, mit vielen Feuerwein-Kammern und erfahrenen Feuerwein-Meistern. Oberdiebach war das Feuerwein-Zentrum des mittelrheinischen und rheinhessischen Weingebietes, für den heimischen, vor allem aber auch für den Exportmarkt nach Holland, England und Ländern der Hanse. Schon die Römer veredelten Most und Wein mit Wärme, Feuer und Rauch, und brachten die Kunst der Herstellung dieses Weines, der sich durch seine "spritzige Würzigkeit" auszeichnet, auch nach Germanien und an den Rhein. Bei Karl dem Großen, der um 800 im Reich und am Rhein wieder Weinbau und Weinqualität förderte, gehörte vinum coctum - mit Wärme und Feuer veredelter Wein - zur Vorratshaltung in seinen Pfalzen. Kaiser Maximilian I. gar schützte anno 1497 im ersten Deutschen Weingesetz die Qualität von "gefewrte Wein". Am Mittelrhein wurde Feuerwein vermutlich schon ab dem 14. Jahrhundert hergestellt, und das kam so: Neuer Wein, sogenannter " Federweißer" , war damals schon ein sehr beliebter Trank, der aber nur einige Wochen genossen werden kann. "Um nun auch dem Holländer für sein Geld diese Delikatesse in der Entfernung von weinreichen Gegenden verschaffen zu können" - so besagt es eine alte Schriftrolle weiter - wurde der federweiße Wein "gefeuert" und damit quasi ein Gärungsprozeß im Zeitraffertempo induziert. So hatte der Feuermeister in diesen Gegenden ein gewichtiges Wort mitzureden, wenn es galt den richtigen Lesetermin für vollreife Trauben zu finden, die sofort nach der Lese behutsam auszupressen waren. Der frische Most wurde - "mit gehörigem freien Gärraum" - gleich in die Fuderfässer gefüllt und - "natürlich von den besten Schrötern" - in die vorgewärmte Feuerweinkammer eingeschrotet. Jetzt begann die größte Verantwortung für den Feuermeister, der mit seinem Namen für Güte und Reinheit "seines" Feuerweins bürgte: Er musste Anfang, Verlauf und Ende der Feuergärung ausführen. Wegen der Feuergefahr gab es genaue Sicherheitsauflagen: Ein Aufseher hielt "nasse Tücher und Umschläge" immer bereit, um im Falle des Falles schleunigst zu Hilfe zu eilen. Das Szenario des "Brennens" war in der Tat beeindruckend, wie aus der Schilderung eines Zeitzeugen hervorgeht: „Es lässt sich kaum beschreiben, in welche heftige Bewegung der ohnehin durch die Hitze zur Gährung neigende Most gerät - die wahre Feuergährung -! Es wird sudheiß und wallet brausend auf, wie Wasser, wenn es kocht, daher man auch die Vorsicht gebrauchen muß, die Fässer nie ganz voll zu machen, und den Spunden allzeit offen zu lassen."
Wollte man nun wissen, ob der Wein genug gefeuert war, so zündete man ein Schwefelholz an und hob es brennend über das Spundloch: Löschte der Wein dasselbe nicht aus, so war das ein sicheres Kennzeichen, dass er die gehörige Feuerung erhalten hatte. Jetzt kam es darauf an, den frisch gefeuerten Wein so schnell wie möglich zu versenden, und kam dazu in Bacharach auf eigens dazu gedungene Nachen. Die Zeit ist lange her, als in Oberdiebach Wein gefeuert wurde und - Ende des 15. Jahrhunderts - am Rhein ein wahrer "Feuerwein-Boom" herrschte. 1824 wurde in Oberdiebach der letzte Wein gefeuert. Um die Erinnerung daran wachzuhalten, weihte die Gemeinde anlässlich der 1100-Jahr-Feier eine alte Feuerwein-Kammer ein. Dazu gab es eine festliche Feuerweinprobe, und es wurde ein Archiv "für alte und neue Feuerwein-Literatur" gegründet

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